Wir leben seit Jahrzehnten weit über die Planetaren Grenzen unseres Planeten hinaus, und es ist offensichtlich, dass unsere Erde dieser Belastung auf Dauer nicht standhalten kann. Neben politischen und gesellschaftlichen Veränderungen bedarf es daher insbesondere einer nachhaltigen Reform unseres Wirtschaftssystems.
Es gibt viele vielversprechende Ansätze für ein solches Umdenken, und Klim wird einige davon in dieser Reihe von Blog-Posts vorstellen. Einer dieser Ansätze ist der des Regenerativen Kapitalismus.
Auf den ersten Blick scheint Regenerativer Kapitalismus ein Widerspruch in sich zu sein: Regeneration konzentriert sich auf den Schutz und die Wiederherstellung von Ressourcen, während Kapitalismus exponentielles Wachstum sowie Gewinnmaximierung zum Ziel hat - und ebendiese Ressourcen extensiv ausschöpft.
Der Ansatz, beide Konzepte im Regenerativen Kapitalismus zu kombinieren, birgt jedoch großes Potenzial, zum nachhaltigen Wandel beizutragen, denn Regenerativer Kapitalismus fördert grundlegende Veränderungen in Unternehmensansätzen. Der Begriff wurde 2015 von Ökonom, Impact-Investor und Autor John Fullerton geprägt, der sich in einem Aufsatz dem Thema widmet. Er definiert regenerativen Kapitalismus als einen Ansatz, der sich auf Geschäftspraktiken bezieht, die eher restaurieren und aufbauen als ausbeuten und zerstören. Aber von vorne:
Zahlreiche Unternehmen sämtlicher Industrien und Größenordnungen bekennen sich mittlerweile zu einer nachhaltigen, verantwortungsvollen Wirtschaft.
Diese Nachhaltigkeit dient allerdings häufig nur der Schadensbegrenzung. Tatsächlich ist die Art und Weise, wie wir wirtschaften, nach wie vor schädlich für die langfristige Zukunft unseres Planeten. Wir brauchen einen radikalen Wandel!
Regenerativer Kapitalismus könnte die Lösung sein. Dabei handelt es sich keinesfalls um ein "entweder-oder" zwischen Profit und Planet, sondern um ein Modell, bei dem beide nebeneinander existieren können. Klingt gut?
Dafür braucht es lediglich ein Umdenken und das in Erinnerung rufen einiger Grundsätze des intelligenten Wirtschaftens.
Alle Branchen eignen sich für dieses Modell, von der Städteplanung und Tech-Branche über die Autoindustrie bis zum Tourismus. Ein Sektor birgt besonders großes Potential: die Lebensmittelproduktion. Zum einen, weil rund ¼ der weltweiten Emission aus der Landwirtschaft und Nahrungsmittelherstellung stammen, zum anderen, weil eine Veränderung in diesem Bereich vergleichsweise schnell herbeigeführt werden können.
John Fullerton hat zusammen mit dem Capital Institute 8 universelle Prinzipien & Modelle erarbeitet, die diesen systematischen Wandel ermöglichen. Die Definitionen werden so von verschiedenen Quellen aufgegriffen:
Source: https://capitalinstitute.org/8-principles-regenerative-economy/
Die Menschheit ist ein integraler Bestandteil allen Lebens. Es gibt keine Abgrenzung zwischen Uns und Es. Der Maßstab der Weltwirtschaft ist bedeutend in Bezug auf die Biosphäre, in die sie eingebettet ist. Mehr noch: Wir sind alle miteinander verbunden ebenso zu den Schauplätzen unserer globalen Zivilisation. Schadet man einem Teil, treffen die so ausgelösten Wellen das ganze Netz und damit auch jeden anderen.
Wahrer Reichtum ist nicht nur Geld auf der Bank. Er muss definiert sein und verwaltet werden in Beziehung zur Wohlfahrt des Ganzen, erreicht durch die Harmonisierung der vielfälten Arten des Reichtums oder Kapitals. Das beinhaltet soziales, kulturelles, lebendiges und experimentelles Kapital. Er muss definiert sein durch breit geteilte Wohlfahrt über all diese Formen des Kapitals hinweg. Das Ganze ist nur so stark wie sein schwächstes Glied.
In einer Welt, in der der Wandel allgegenwärtig ist und sich immer schneller vollzieht, sind Innovation und Anpassungsfähigkeit für den Wohlstand entscheidend. Diesen Gedanken wollte Charles Darwin mit der ihm zugeschriebenen und oft missverstandenen Aussage vermitteln: "Im Kampf ums Überleben gewinnen die Stärksten auf Kosten ihrer Rivalen". Was Darwin eigentlich meinte, ist, dass der "Stärkste" derjenige ist, der sich am besten anpasst, d. h. derjenige, der sich am besten an eine sich verändernde Umgebung anpassen kann.
In einem voneinander abhängigen System ergibt sich die Leistungsfähigkeit aus dem Beitrag zur Gesundheit des Ganzen. Die Qualität einer gestärkten Beteiligung bedeutet, dass alle Beteiligten mit dem größeren Ganzen in einer Weise "in Beziehung" stehen müssen, die sie nicht nur befähigt, für ihre eigenen Bedürfnisse zu verhandeln, sondern sie auch in die Lage versetzt, ihren einzigartigen Beitrag zur Gesundheit und zum Wohlbefinden des größeren Ganzen, in das sie eingebettet sind, zu leisten.
Jede menschliche Gemeinschaft besteht aus einem Mosaik von Personen, Traditionen, Glaubensrichtungen und Institutionen, die durch die langfristigen Einflüsse der Geografie, der menschlichen Geschichte, der Kultur, der lokalen Umwelt und der sich wandelnden menschlichen Bedürfnisse geformt sind. In Anerkennung dieser Tatsache fördert eine Regenerative Wirtschaft gesunde und widerstandsfähige Gemeinschaften und Regionen, die jeweils einzigartig durch die Essenz ihrer individuellen Geschichte und ihres Ortes geprägt sind.
Kreativität und Vielfalt entwickeln sich synergetisch an den "Rändern" von Systemen, an denen der Zusammenhalt des vorherrschenden Musters am schwächsten ist. Zum Beispiel gibt es einen Überfluss an interdependentem Leben im Brackwasser, da, wo ein Fluss auf das Meer trifft. An diesen Rändern sind die Chancen für Innovation und gegenseitige Befruchtung am größten. Die Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg - mit fortlaufendem Lernen und Entwicklung aus der Vielfalt, die dort existiert - ist sowohl für die Gemeinschaften, in denen der Austausch stattfindet, als auch für die beteiligten Personen transformativ.
So wie die menschliche Gesundheit von einem stabilen Kreislauf von Sauerstoff, Nährstoffen usw. abhängig ist, so hängt auch die wirtschaftliche Gesundheit von einem stabilen Kreislauf von Geld, Informationen, Ressourcen, Waren und Dienstleistungen ab, um den Austausch zu fördern, Giftstoffe auszuspülen und jede Zelle auf jeder Ebene unserer menschlichen Netzwerke zu nähren. Die Zirkulation von Geld und Informationen sowie die effiziente Nutzung und Wiederverwendung von Materialien sind besonders wichtig, damit Einzelpersonen, Unternehmen und Volkswirtschaften ihr regeneratives Potenzial ausschöpfen können.
Im Gleichgewicht zu sein ist nicht nur ein angenehmer Lebensstatus, es ist sogar notwendig, um die Gesundheit des Systems aufrecht zu halten. Wie ein Einradfahrer sind regenerative Systeme immer in diesem heiklen Tanz auf der Suche nach dem Gleichgewicht engagiert. Um dies zu erreichen, müssen mehrere Variablen in Einklang gebracht werden, anstatt einzelne zu optimieren. Es zu erreichen benötigt die Harmonisierung vieler Variablen, und nicht die Optimierung weniger. Eine regenerative Wirtschaft sucht die Balance zwischen: Effizienz und Resilienz; Zusammenarbeit und Wettbewerb, Vielfalt und Zusammenhalt; und den Bedürfnissen kleiner, mittlerer und großer Organisationen.
Die 8 Prinzipien zeigen, wie man eine langlebige, nachhaltige und regenerative Wirtschaft und Gesellschaften aufbaut. Unternehmen können eine solche holistische Philosophie nicht nur nutzen, um einen geringfügigen Impact auf die Umwelt anzustreben, sondern darüber hinaus als Pionier eine positive Auswirkung auf den Planeten zu haben, ihn sozusagen zu regenerieren (z. B. durch klimapositives Handeln). Ein Sprungbrett auf dem Weg zum Regenerativen Kapitalismus, welches den Einstieg in die Transformation erleichtern kann, ist die Kreislaufwirtschaft, die die längst mögliche Nutzung von Produkten und Rohstoffen anstrebt. Dafür werden Ressourceneinsatz und Abfallproduktion, Emissionen und Energieverschwendung minimiert oder im letzten Schritt recyclen.
Die regenerative Landwirtschaft setzt auf Methoden, die den Boden regenerieren, fruchtbarer machen, mehr CO₂ speichern und somit, wie in den Prinzipien schon erläutert, im Einklang mit der Natur zu arbeiten. Vor allem Unternehmen aus der Lebensmittelindustrie können damit dazu beitragen, die Art und Weise wie unsere Nahrung produziert wird zu revolutionieren.
Klicke hier um mehr über die regenerative Landwirtschaft zu erfahren: https://www.klim.eco/blog/was-ist-regenerative-landwirtschaft