Am 4. April 2022 hat der IPCC den dritten Teil des aktuellsten, sechsten IPCC-Sachstandsbericht, der Arbeitsgruppe III vorgelegt - mit nicht unerwarteten, erschreckenden Erkenntnissen aber auch klar formulierten und teils revolutionären Forderungen nach einem Systemwandel.
Priyadarshi Shukla, Co-Vorsitzende der IPCC-Arbeitsgruppe III formuliert es deutlich:
"Mit den richtigen politischen Maßnahmen, Infrastrukturen und Technologien, die eine Änderung unseres Lebensstils und Verhaltens ermöglichen, können die Treibhausgasemissionen bis 2050 um 40-70 % gesenkt werden. Dies bietet ein erhebliches ungenutztes Potenzial"
Die gute Nachricht: laut IPCC bestehen in allen Sektoren noch Möglichkeiten, die Emissionen bis 2030 mindestens zu halbieren. Einige der vorgestellten Lösungsansätze sind:
Hier ist nicht weniger als ein grundlegender Wandel in der Art und Weise, wie wir mit Energiebeschaffung und -verbrauch umgehen. Dazu gehört neben der erheblichen Reduzierung fossiler Brennstoffe auch eine verbesserte Energieeffizienz und der Einsatz alternativer Brennstoffe. In unserem Umgang mit Brennstoffen liege laut IPCC mit das größte Potenzial. Das bedeutet wir müssen weg von Kohle, Öl und Gas – hin zu umweltfreundlichen Alternativen wie Sonne, Wind und Wasserstoff.
Emissionsreduzierung durch einen geringeren Energieverbrauch. Das lässt sich z. B. durch die Schaffung kompakter, begehbarer Städte, die Elektrifizierung des Verkehrs in Kombination mit emissionsarmen Energiequellen und eine verbesserte Kohlenstoffaufnahme und -speicherung durch die Natur erreichen. Das ist in fast allen Klimazonen möglich!
Diese Branche ist für etwa ¼ der weltweiten Emissionen verantwortlich. Emissionen können hier verringert werden indem Materialien effizienter genutzt, Produkte recycled und Abfälle minimiert werden. Um Net-Zero in diesem Bereich zu erreichen müssen aber zusätzlich neue, treibhausgasarme Produktionsverfahren entwickelt werden (einige befinden sich bereits in Entwicklungs- oder Pilotverfahren) sowie auf erneuerbare Energien umgestiegen und zusätzlich Maßnahmen zur Kompensation ergriffen werden.
In diesem Sektor besteht das größte, zum größten Teil noch ungenutzte Potential zur Emissionsreduktion und -speicherung. Der schnelle Ausbau der Regenerativen Landwirtschaft ist hier maßgeblich am positiven Impact beteiligt und kann die Produktion unserer Lebensmittel klimapositiv gestalten.
Auch jede:r Einzelne kann durch die Reduktion des eigenen CO₂ Fußabdrucks einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Durch die Änderung unseres Konsumverhaltens und unserer Lebensweise, wie z. B. reduzierter Fleischkonsum, Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder Umstellung auf Ökostrom hätten einen signifikanten Impact - nicht nur auf das Klima, sondern nebenbei auf unsere Gesundheit. Es ist allerdings an der Politik, mit den richtigen Maßnahmen in Infrastruktur und Technologie die Weichen für diesen Wandel zu stellen.
Erwähnung findet zudem die Tatsache, dass bis 2030 das Investitionsvolumen um das 3- bis 6-fache steigen muss, wollen wir die Erwärmung auf unter 2 Grad begrenzen. Weltweit ist jedoch genügend Kapital und Liquidität vorhanden, um diese Investitionslücken zu schließen. Jedoch muss dahingehend von seitens der Regierungen ein klares Zeichen gesetzt werden, auch hinsichtlich einer stärkeren Ausrichtung der Finanzierung des öffentlichen Sektors und der Politik.
Der Bericht verdeutlicht einmal mehr die Dringlichkeit eines gemeinsamen Handelns. Schnelle, effektive und langfristig gedachte Lösungen müssen global über alle Sektoren hinweg erarbeitet und umgesetzt werden. An dieser Stelle kann man nur noch einmal die Vorteile von Regenerativer Landwirtschaft hervorheben und wie diese eine essentielle Rolle im Kampf gegen den Klimawandel spielen können. Der Agrarsektor ist aktuell für rund ¼ der globalen Emissionen verantwortlich und dabei in der Lage durch eine Veränderung hin zu Regenerativer Landwirtschaft Ernährungssicherheit durch Ertragssicherheit zu garantieren, eine gesteigerte biologische Vielfalt zu generieren sowie durch das Potenzial des Bodens zur CO2 Sequestrierung insgesamt zu einer langfristigen Transformation des Agrarsektors führen kann. Ein Weg dies zu unterstützen ist die Möglichkeit mit Klim über Carbon Credits einen Positiv-Effekt durch den Ausgleich unvermeidbarer Emissionen mit heimischen Landwirt:innen. Dies bietet eine unmittelbare, vollständig transparent gemachte und messbare Kompensationsmaßnahme. Der IPCC-Bericht hebt hervor, dass das Ziel ein nachhaltiger, andauernder Impact sein muss. Ein Neudenken in Lieferketten ist ein fundamentaler Schritt, den wir bei KLIM unterstützend begleiten können. Es ist wichtig, dass wir uns wieder der Regeneration unserer Böden widmen und ihr Potenzial als weltweit zweitgrößte Kohlenstoffsenke nutzen. Denn der erste Meter Boden, die Humusschicht, enthält 3 mal soviel CO2 wie die Atmosphäre! Mehr dazu erfährst du in unserem Blogartikel über die Regenerative Landwirtschaft!
“I have seen many scientific reports in my time, but nothing like this. Today’s IPCC report is an atlas of human suffering and a damning indictment of failed climate leadership.” - António Guterres, Generalsekretär der Vereinten Nationen
Alle sechs bis sieben Jahre wird von der IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) eine Bewertung der Klimawissenschaft veröffentlicht. Der im März erschienene sechste Sachstandsbericht ist der erste umfassende seit der Verabschiedung des Pariser Abkommens 2015. Inhaltlich werden Beiträge von drei Arbeitsgruppen und einem Synthesebericht präsentiert, der die Beiträge der Arbeitsgruppen und die im Zyklus erstellten Sonderberichte zusammenfasst und noch vor COP27 vollständig veröffentlicht wird.
Es wird veranschaulicht, dass die durch den Menschen verursachten Auswirkungen des Klimawandels und die damit verbundenen Verluste und Schäden für Natur und Menschheit seit dem letzten Sachstandsbericht zugenommen haben und prognostiziert die wichtigsten kurz- (Zeitraum: 2021-2040), mittel- (Zeitraum: 2041-2060) sowie langfristigen (Zeitraum: 2081-2100) Risiken in Bezug auf wirtschaftliche und nicht-wirtschaftliche Faktoren.
Der Schwerpunkt liegt auf den Wechselwirkungen zwischen Klima- und Ökosystemen (einschließlich ihrer biologischen Vielfalt) und der menschlichen Gesellschaft. So hat eine Veränderung in einem der Bereiche unweigerlich Auswirkungen auf mindestens einen der anderen. Diese Wechselwirkungen sind Grundlage für die entstehenden Risiken des Klimawandels, für Ökosystem-Degradation und den Verlust der biologischen Vielfalt.
Dabei berücksichtigt der Bericht die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die natürlichen, ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Aspekte noch stärker als frühere IPCC-Bewertungen. Auswirkungen und Risiken des Klimawandels wie auch die Anpassung werden sich gleichzeitig entwickelnden nicht-klimatischen globalen Trends wie z. B. dem Verlust der biologischen Vielfalt, dem nicht nachhaltigen Verbrauch natürlicher Ressourcen, der Land- und Ökosystem-Zerstörung, der raschen Urbanisierung, dem demografischen Wandel, sozialen und wirtschaftlichen Ungleichgewichten und einer Pandemie gegenübergestellt. Bei diesen Einschätzungen wurden gleichermaßen wissenschaftliche Erkenntnisse sowie indigenes und lokales Wissen berücksichtigt.
Der Klimawandel hat bereits zu Klimaextremen mit irreversiblen Konsequenzen geführt, dazu gehören:
- der international vereinbarte Grenzwert von 1,5 Grad kommt gefährlich nahe. Wir haben bereits 1,2 Grad erreicht, Tendenz steigend
- Küstengebiete auf der ganzen Welt und kleine, niedrig gelegene Inseln drohen bei einem Temperaturanstieg von mehr als 1,5 °C überflutet zu werden
- wichtige Ökosysteme verlieren ihre Fähigkeit CO2 zu absorbieren, dienen somit nicht mehr als Kohlenstoffsenken und beschleunigen den Klimawandel
- vielfältige Auswirkungen auf Land-, Süßwasser- und Meeresökosysteme auf globaler Ebene, ein Massensterben von Arten, Bäumen und Korallen ist bereits zu beobachten
- Gefahren für die Lebensmittelproduktion und -versorgung, die Wasserversorgung, die Gesundheit und das Wohlbefinden von Mensch und Tier
- fast ausschließlich negativen Auswirkungen auf infrastrukturelle Gegebenheiten von Städten und Siedlungen weltweit
Auf Basis dieser Erkenntnisse zeigt der Bericht Chancen für die Zukunft auf und hebt Anpassungslösungen hervor, die effektiv und realisierbar sind sowie den Grundsätzen der Gerechtigkeit entsprechen. Der Bericht unterscheidet dabei zwischen Klimagerechtigkeit, Verteilungsgerechtigkeit der Lasten und Nutzen der unterschiedlichen Individuen, Nationen und Generationen sowie Verfahrensgerechtigkeit. Letztere bezieht sich auf die Teilnahme an Entscheidungsprozessen und die Anerkennung sowie der intensiven Auseinandersetzung unter Berücksichtigung unterschiedlicher Kulturen und Perspektiven. Dazu ist zu sagen, dass die Entwicklungs- und Anpassungsbemühungen verschiedener Branchen und Regionen bereits zu einer Verringerung der Anfälligkeit verschiedener Systeme geführt haben.
Dabei unterscheidet sich die Anfälligkeit von Ökosystemen und Menschen gegenüber dem Klimawandel zwischen und innerhalb verschiedener Regionen erheblich. Kriterien wie die sozioökonomische Entwicklung, die nicht nachhaltige Ozean- und Landnutzung, soziale Ungerechtigkeit und Marginalisierung, historisch bedingte Ungleichheit durch Kolonialisierung und politische Führung spielen dabei eine grundlegende Rolle. So leben in diesen hochgradig belasteten Kontexten etwa 3,3 bis 3,6 Milliarden Menschen.
Auswirkungen und Risiken für ökologische Systeme werden immer komplexer und schwieriger zu bewältigen, da mehrere Klimagefahren gleichzeitig auftreten und verschiedene klimatische und nicht-klimatische Risiken zusammenwirken. Dies führt zu einer Verschärfung des Gesamtrisikos und zu einer Kaskadierung der Risiken über Sektoren und Regionen hinweg. Einige Reaktionen auf den Klimawandel führen zu neuen Auswirkungen und Risiken. Es wurden Fortschritte bei der Anpassungsplanung und -umsetzung in verschiedenen Sektoren und Regionen beobachtet. Es zeigt sich jedoch, dass diese Anpassungsfortschritte ungleichmäßig verteilt sind und viele Initiativen unmittelbare und kurzfristige Reduzierung des Klimarisikos priorisieren, wodurch aber die Möglichkeit einer transformativen Anpassung verringert wird. So gibt es in vielen Sektoren und Regionen vermehrt Hinweise auf Fehlanpassungen an den Klimawandel, die die Risiken verstärken und nur schwer und kostspielig zu ändern sind sowie Ungleichheiten verschärfen. Diese Fehlanpassungen können zu einer Verfestigung von Anfälligkeit, Exposition und Risiken führen, können aber durch flexible, sektorübergreifende, integrative und langfristige Planung und Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen vermieden werden.
Die Verfasser:innen des Berichts gehen davon aus, dass in der Natur selbst Potenziale stecken, die eine Anpassung an den Klimawandel ermöglichen und Risiken minimieren können. In diesem Zusammenhang sind die Unterstützung und Wiederherstellung von geschwächten Ökosystemen sowie der effektive Schutz der weltweiten Landflächen und Ozeane zwingend notwendig. Eine wichtige Rolle für intakte Ökosysteme spielen außerdem deren CO₂-Aufnahmekapazitäten und -speicherung. Ausschlaggebend für eine klimaresiliente Entwicklung sind laut IPCC dabei auch Beschleunigung und Nachhaltigkeit der Anpassungsmaßnahmen sowie mehr wissenschaftliche Erkenntnisse zu Auswirkungen und Lösungen des Klimawandels.
Dafür müssen Regierungen, die Zivilgesellschaft und der Privatsektor gemeinsame Entscheidungen treffen und die Risikominderung, Gleichheit und Gerechtigkeit in den Vordergrund stellen. Es müssen Entscheidungsprozesse, insgesamt mehr Finanzmittel auch für wirtschaftlich schwächere Staaten und Maßnahmen über alle Regierungsebenen und Sektoren integriert werden. Internationale Zusammenarbeit von Regierungen auf allen Ebenen wie Gemeinden, der lokalen Zivilgesellschaft, traditionell marginalisierten Gruppen, einschließlich Frauen, Jugendlichen, indigenen Völkern und ethnischen Minderheiten sowie wissenschaftlichen Institutionen und Bildungseinrichtungen, Medien, Investoren und Unternehmen müssen unterstützt und gefördert werden.
So zeigt der diesjährige Sachstandsbericht auf, das weltweite Maßnahmen für eine klimaresiliente Entwicklung dringender sind als diese im letzten Bericht eingeschätzt wurden und unterstreicht die natürlichen, sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhänge deutlicher als dies in vorangegangenen IPCC-Berichten zum Ausdruck kam. Da der Klimawandel in jeder Region der Welt zunehmend spürbar ist und der Weltklimarat von einer Verschlimmerung der Lage ausgeht, sei schnelles und effektives Handeln notwendiger denn je.